Sonntag, 16. September 2012

Krabbelgruppe

Die Krabbelgruppe ist ein Fundus für Doing Gender. Unsere Leiterin, ich nenne sie mal Gaby*, ist dabei eine treibende Kraft. Ich habe auch schon in anderen Forschungszusammenhängen gelesen, dass "Professionelle" soziale Grenzen mit besonderer Hingabe und Präzision ziehen. Bei Gaby handelt es sich um eine Kinderkrankenschwester mit weiterführenden Qualifikationen (aus Gründen der Anonymität gehe ich nicht weiter ins Detail).
Kürzlich beobachtete sie das Treiben in der Krabbelgruppe und diagnostizierte: "Die Jungs halten uns ja ganz schön auf Trab." und etwas später: "Die Mädchen sind eher ruhig." Woraufhin eine Mutter antwortete: "Naja, Tizia ist heute nicht da, die ist auch ganz schön wild." Gaby gab zu, dass dies stimmt. Dennoch machte sie später nochmal eine Beobachtung über "die Mädchen". Ich empfand ihre Feststellungen als nicht sehr fundiert, sondern meiner Meinung nach war da eine geschlechtsspezifisch gefilterte Wahrnehmung die Ursache. Ich möchte dies hier mal 'vorrechnen'.

An diesem Tag nahmen an Babys teil:

  • 3 Jungen im Alter von etwa einem Jahr: Flyn, Bob und Paul
  • 1 Mädchen von etwa einem Jahr: Lola
  • 2 Mädchen von etwa einem halben Jahr: meine Emma und Sarah
  • 1 Junge von etwa einem halben Jahr: Karlo
Da Babys mit einem Jahr wesentlich mobiler sind, als mit einem halben Jahr, ist es schon allein durch diese Verteilung ziemlich klar, dass mehr kleine Jungen sich im Raum aktiv bewegten, als kleine Mädchen. Dazu kommen die beiden "Alterausreißer", Lola und Karlo. Diese beiden sind sich nach Aussage ihrer beiden Mütter jedoch ziemlich ähnlich. Das bedeutet, das Lola mit einem halben Jahr intensiv gefremdelt und in fremden Situationen viel geschrien hat, so wie es nun der ein halbes Jahr alte Karlo tut. Lola ist weiterhin in fremden Situationen sehr zurückhaltend und machte daher bei den Aktivitäten der anderen Babys in ihrem Alter an diesem Tag nicht so intensiv mit. Die anderen beiden halbjährigen Babys, Emma und Sarah, waren auch nicht wirklich ruhig, sondern fielen nur in dem Getummel der Älteren einfach weniger auf, vor allem da sie sich noch nicht vom Fleck bewegen können.

Ich werde darüber weiterhin berichten. Ich bin eigentlich kein großer Freund solcher Kindertermine. Ich gehöre zu den Menschen, die glauben, dass Kinder echte Freizeit - im Sinne von freier Zeit - brauchen und ich mag den Gedanken nicht, mit meinem Kind schon in frühster Kindheit von einem Termin zum anderen zu 'hetzen'. Daher gehe ich zur Zeit nur zu dieser Krabbelgruppe. Aber um nun meinen Erfahrungsschatz an der Geschlechtssozialisation etwas zu erweitern, denke ich darüber nach zumindest noch eine weitere Gruppe zu besuchen.

*Alle in diesem Blog genannten Personen sind anonymisiert.

Nachtrag: Gabys Doing Gender ging auch auf der Elternseite weiter: Mehrere Mütter beklagten sich darüber, dass sie nie wieder Kürbisbrei selbst zubereiten würden, weil das vorbereiten des Kürbis so eine Qual ist. Gaby sagte dann: "Das müsst ihr eure Männer machen lassen!". Auch auf dieses Doing Gender-Angebot ging wiederum keiner ein. Ich erwähnte, dass ich mit meinen Kürbis keine Probleme hatte und wir vermuteten dann, dass nur nicht ganz reife Kürbis so hart und damit schwer zu bearbeiten sind. Vielleicht sollte man dazu sagen, dass Gaby so um die 50 Jahre alt ist. Hat die Gender-Brille in unserer Generation eventuell doch schon etwas ihrer Attraktivität verloren?

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