Freitag, 14. Juni 2013

Über meine Motivation diesen blog zu schreiben

Manch eine/r meiner wenigen Leser/innen fragt sich vielleicht, warum ich so einen eher langweiligen blog führe. Die Inhalte werden recht trocken dargelegt und ich beschreibe die Situationen ziemlich distanziert. Das ist alles andere als schillernd und nicht grade geeignet hunderte von Leser/innen zu gewinnen.
Es gibt zwei wichtige Gründe, warum dieser blog so ist, wie er ist: 1. Dokumentation und 2. Datenschutz.

1. Dokumentation
Ich habe ja schon einmal beschrieben, wie schwierig es für die Forschung ist die Geschlechtssozialisation auch nur einigermaßen vernünftig zu zu erfassen. Ich interessiere mich sehr für die vielen kleinen Aspekte der Geschlechtssozialisation, die sich so zusammensummieren. Abgesehen von meinem grundsätzlichen Interesse für Geschlechterforschung, gibt es auch noch einige biografische Bezugspunkte. Meine Eltern kamen sich nämlich immer sehr emanzipiert vor. Sie und viele ihrer Freund/innen rühmten sich einer geschlechtsneutralen Erziehung und dennoch war ich immer "ein richtiges Mädchen", war schlecht in Mathe und Naturwissenschaften und interessierte mich für Sprache, Kunst und Kultur. Ich mochte Ballet und nicht Fußball. Meine Eltern haben sich darüber nicht wirklich gewundert, aber in Diskussionen über dieses Thema fiel dann doch immer wieder die Formulierung, dass diese Geschichten der geschlechtsneutralen Eltern eben zeige, dass das Geschlecht eben doch biologisch dominiert wird. Ich kann mich aber noch an einige Vorkommnisse erinnern, die zu eben diesen Unfähigkeiten und Vorlieben beigetragen haben. Beispielsweise habe ich mir jahrelang einen Chemiebaukasten gewünscht. Meine Eltern haben diesen Wunsch vollkommen ignoriert. Ich weiß nicht ganz genau warum, ich glaube meine Mutter sagte irgendwann mal, dass sie befürchtet, dass ich die Einrichtung mit dem Chemiebaukasten ruiniere. Oder ich habe mehrfach gefragt, ob ich die alten Lego-Technik Sachen von meinem Onkel bekommen kann, die auf dem Dachboden herumlagen. Auch diese Frage wurde jedes Mal schlicht und ergreifend ignoriert. Was letztlich mit dem Zeug passiert ist, weiß ich nicht. Wenn ich aber Mädchenwünsche äußerte, dann wurde das doch zumindest thematisiert. Und mein Interesse für Sprache wurde immer sehr gefördert, u.a. mit Aufenthalten im Ausland, etc.
Das erklärt nun erstmal nur mein Interesse für das Thema Geschlechtssozialisation. Aber wie kam ich auf die Idee die Geschlechtssozialisation meines Kindes zu dokumentieren? Nun, da ich selbst in der Geschlechter- und Sozialforschung tätig war, habe ich eine Begeisterung für die qualitative Methodik entwickelt. Ich bewundere die Studie über die Arbeitslosigkeit von Marienthal. In dieser Studie nutzten sie auch Arten von "Tagebüchern" der Dorfbewohner(innen), um deren Situation zu verstehen. Danach wurden Tagebücher immer mal wieder Gegenstand empirischer Analysen. Besonders beeindruckend fand ich es in der ethnografischen Studie von Rebecca Fox über Heimtierhaltung. Sie ließ die Teilnehmer/innen ihrer Studie Heimtiertagebuch führen und wertete dies aus. So bekam sie sehr intime Einblicke in deren Beziehungen zu ihren Heimtieren. Als ich ihre Dissertation las, kam mir zum ersten Mal der Gedanke, dass es für die Geschlechterforschung hilfreich sein könnte, wenn Menschen beginnen die Geschlechtssozialisation ihrer Kinder in Tagebuchform festhalten. Und ich beschloss dies auch zu versuchen. Deswegen versuche ich in meinem blog so neutral wie möglich meine Erfahrungen zu dokumentieren, was eben nicht grade zu einem unterhaltsamen Schreibstil führt.

2. Datenschutz
Mir ist durchaus bewusst, dass dieser blog öffentlich zugänglich ist. Ich möchte hier aber niemandem einer Öffentlichkeit aussetzen, die er oder sie nicht selbst steuern kann. Das gilt für mein Kind, wie auch für alle anderen Protagonisten dieses blogs. Daher veröffentliche ich nicht unter meinem Klarnamen und alle auftretenden Personen bekommen einen Decknamen und werden nicht so detailliert dargestellt, dass man sie leicht wiedererkennen könnte (ich möchte jedoch nicht ausschließen, dass es manchmal doch möglich ist, aber ich gebe mein Bestes dies zu verhindern). Ich verlinke den blog nicht mit meinem Facebook- oder Twitterprofil. Dadurch habe ich einige Einschränkungen, die meiner Dokumentationsabsicht deutlich abträglich sind. Daher werde ich in Zukunft für alle blog-Einträge auch noch echte Tagebucheinträge schreiben, wo ich alles offener und vollständiger dokumentieren kann. Wenn irgendwann ein/e Forscher/in Interesse an einer Auswertung hat, dann kann er/sie gern mit mir Kontakt aufnehmen.

Ich würde mich auch sehr freuen, wenn andere Menschen ebenfalls solche Tagebücher führen würden, um so einer breitere Grundlage für eine wissenschaftliche Auswertung zu schaffen. Selbst wenn diese Auswertung unter Umständen erst in 5, 10 oder 20 Jahren stattfinden wird.

Jedenfalls führt auch diese Anonymisierung aller Beteiligten dazu, dass mir die Tagebucheinträge nicht grade flüssig von der Hand gehen und dem/r Leser/in einen eher distanzierten Blick auf die Situation bescheren, der nicht grade zu fesseln vermag.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen