Donnerstag, 28. März 2013

die Hütte abreißen


Bevor ich zum eigentlichen Thema dieses Posts komme, hier noch eine Vorbemerkung: Einige Leute im Bekanntenkreis bekommen nun das zweite Kind. Wenn dies ein anderes Geschlecht als das erste Kind hat, dann höre ich zuweilen, dass man ja nun "alle neu kaufen muss". Ich weiß nicht genau, was "alles" ist. Ich vermute aber, dass es vor allem um die Kleidung geht.
Was meint Ihr dazu: Habt oder würdet Ihr Eurer zweitgeborenen Tochter die Klamotten des erstgeborenen Sohnes anziehen? Oder andersherum dem zweitgeborenen Sohn die Sachen der erstgeborenen Tochter?  (Ihr könnt das gern auf Dritt-, Viert- oder Fünftgeborene übertragen, oder auf geerbte Klamotten.) Würdet Ihr zu einer komplett neuen Garderobe neigen oder nur bestimmte - zu geschlechtseindeutige - Stücke aussortieren und ersetzen?


Nun zum eigentlichen Thema: In der Krabbelgruppe gab es zwei bemerkenswerte Vorfälle

Vorfall 1: Eine Mutter erzählt, dass sie sich regelmäßig mit 7 anderen Müttern und deren Babys im Wechsel zuhause treffen. Die Mütter essen zusammen einen Happen und die Babys spielen zusammen. Gabi fragt, ob die Babys, alle sind 18 Monate alt, den jeweiligen Gastgeberinnen nicht "die Hütte abreißen". Die Mutter verneint, sie würden immer eine Spielecke im Wohnzimmer vorbereiten, es sei kein Problem. Nun fragt Gaby: "Habt ihr hauptsächlich Mädchen in der Gruppe, dass das so gut funktioniert?". Die Mutter antwortet, es seinen zwei Mädchen und sechs Jungen. Gaby erzählt dann, dass sie sowas mit ihrem Sohn früher auch gemacht habe, aber die Jungen hätten immer so ein Chaos veranstaltet, dass es nach einiger Zeit zu stressig geworden sei.

Vorfall 2: Im Gruppenraum gibt es eine Schublade, in der Zeug ist, dass für Babys nicht so gut geeignet ist. Es sind Spielzeugautos, von denen sich leicht Kleinteile ablösen können. Emma und Flyn finden die Autos sehr attraktiv. Da Emma jedoch noch so ziemlich alles in den Mund steckt, versuche ich die Schublade vor dem Zugriff der Kinder zu schützen, indem ich eine Kiste vor die Schublade stelle. Schon als ich das tue, sage ich, dass das wahrscheinlich nur eine unzureichende Maßnahme ist, aber der Versuch schade nicht. Flyn schiebt ziemlich bald die Kiste weg und erneut sind die beiden mit den kleinen Autos zugange. Ich schiebe die Kiste wieder vor und Flyns Mutter entschuldigt sich für Flyns Verhalten. Bevor ich etwas antworten kann, sagt Gaby: "Das ist sein männlicher technischer Verstand." Niemand geht darauf ein.

Was mir in solchen Situationen immer wieder auffällt, ist dass ich kaum erlebe, dass die Eltern sich an diesen geschlechtlichen Verhaltensinterpretationen beteiligen. Gaby haut diese Aussagen raus und meistens folgt darauf von seiten der Eltern nur Schweigen. Da ich nicht den Eindruck habe, dass außer mir jemand in der Gruppe gendersensibilisiert sein könnte, bin ich doch immer verwundert, dass keiner mit Gabys Bemerkungen aufgreift.

Ich muss aber auch sagen, dass mir nun seit vielen Wochen in der Krabbelgruppe nichts Spezifisches zu diesem Thema mehr aufgefallen ist. Der Tag sticht daher mit seinen zwei Vorfällen deutlich aus den letzten Wochen heraus. Und ich muss auch erwähnen, dass es eine ganze Reihe von Geschehnissen gibt, die Hardliner/innen der stereotypen Geschlechtskonstruktion optimale Vorlagen bieten würden, und nicht genutzt werden. Solche Situationen könnte man als Undoing Gender bezeichnen. (Was Undoing Gender ist, wird recht kontrovers diskutiert). Ich werde in Zukunft versuchen, mir auch solche Vorfälle besser zu merken, um auch sie verstärkt dokumentieren zu können. Im letzten Krabbelgruppentreffen hat Emma an einem entlegenen Ende des Gruppenraums eine nackte Babypuppe entdeckt. Die Puppe war eines dieser lebensecht gestalteten Modellen aus recht weichem Plastik und sie hatte einen Penis und war komplett nackt. Emma nahm die Puppe und schleppte sie durch den Raum. Sie wurde intensiv beknabbert, auf den Boden geworfen, mit den Füßen herumgetreten, wieder aufgehoben und als es ans Aufräumen ging, holte Emma die Puppe sofort wieder zurück. Doch niemand kommentierte dies. Weiterhin hatten wir dieses Mal einen vier Monate alten Säugling dabei, den sich Lola sehr interessiert ansah. Lolas Mutter sagte, dass Lola sich immer für kleine Babys interessiere würde. Auch das wurde nicht kommentiert.

Aber noch etwas ist mir in der Krabbelgruppe aufgefallen. Die meisten Babys sind ja nun über ein Jahr alt und nun geht es den Jungen an die Haare. Paul, der Älteste in der Gruppe, hat eine richtige Jungenfrisur, also einen Haarschnitt. Flyn hat die Haare mit einem Haarschneider auf ca. einen halben Zentimeter getrimmt bekommen. Karlos und Bobs Haare sind noch untouchiert. Bei den Mädchen hat noch keine irgendwie die Haare gestutzt bekommen. Lola sieht man regelmäßig mit einer Haarspange.

2 Kommentare:

  1. Hallo, wir haben mit Interesse Deine Posts gelesen und würden gerne Kontakt mit Dir aufnehmen, weil wir für einen Dokumentarfilm genau an diesem Thema "dran" sind. Wenn Du möchtest, melde Dich doch unter 1.19(at)gmx.de. Darüber freuen wir uns.

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    1. Das mache ich selbstverständlich! Ich hoffe ich habe die E-Mail-Adresse korrekt entziffert...

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